Scheuer kann sinnvolle Mobilität

Faszination „Auto“ vs. Faszination „autofrei“

Der Vater verdient sich sein Geld mit Service für Autos und deren Insassen. Je mehr Fahrzeuge unterwegs sind, desto besser laufen die Geschäfte. Die Tochter arbeitet nach dem Bachelor in Wirtschaft in Berlin an Konzepten im Thema Smart City. Share Economy ist bereits verinnerlicht. Ihr geliebtes kleines Cabriolet braucht sie nicht mehr, es ist verkauft. In Berlin benutzt sie die öffentlichen Verkehrsmittel oder leiht sich etwas aus einem immer größer werdenden Sharingangebot. Zug, Mitfahrzentrale oder auch einmal das elterliche Fahrzeug, wenn was Größeres zu transportieren ist lassen den Weg von Berlin nach Hause komfortabel und kostengünstig überbrücken. Unverständnis und Ärger sind in der Familie in den zwei Generationen also vorprogrammiert.

Ganz im Gegenteil. Vater und Tochter sind eng miteinander verbunden. Für beide ist es wichtig sich dem anderen mitzuteilen und Standpunkte, Gedanken und Positionen auszutauschen.

Den beiden ist mittlerweile klar, dass hier überhaupt kein Widerspruch vorhanden ist.

Dad: „Das Auto ist das technologisch höchst entwickelte Produkt der Menschheit. Es funktioniert im Zusammenspiel mit den heutigen Straßenbelägen und einem geübten Ordnungssystem so perfekt, dass de facto jedermann 1000 Kilogramm und mehr auf 200 Stundenkilometer beschleunigen kann, dabei mit Freunden in dem Objekt sitzt und durch tausende von anderen Gleichgesinnten durchnavigiert. Und dann sind die Fahrzeuge auch noch toll, ästhetisch, formvollendet und bequem und so mancher ist auch noch fasziniert von dem Dominanz suggerierenden Summen des Herzstückes, der Maschine, dem Motor. Fahrzeug und sich frei bewegen ist ein wichtiges Stück Freiheit. Diese unvorstellbare Menschheitsleistung zu zerstören wäre eine Sünde“.

Elisa, die Tochter: „Gute Luft, gesunde Natur, nicht bei jedem Schritt aufpassen zu müssen, dass man nicht mit einem Auto kollidiert und außerdem nützt das eigene Auto in vielen Städten gar nichts, da man ständig im Stau steht und auch gar keinen Parkplatz mehr findet. Ein Stück neue Freiheit in den Städten.“

Beide beschließen bei einem Abendessen hier mal Ordnung reinzubringen. Gewicht und Spritverbrauch runter sind kein Spaßverlust, individualverkehrsfreie Zonen eine irrsinnige Lebensqualitätserhöhung und vieles mehr sollen die Themen sein.

In der Lieblings-Kneipe von Elisa treffen sie Bekannte, Hedi, eine Influenzerin, die gut im Geschäft ist und Patrick, der für eine Werbefirma arbeitet und viel mit sozialen Medien zu tun hat.

Mit Begeisterung machen beide auch beim Brainstorming mit. Nach einem leckeren Essen und einer Flasche Wein sind viele Ideen geboren worden, aber nicht alle Widersprüche geklärt. Mittlerweile hat sich auch noch die Kabarettistin Karin vom Nachbartisch dazugesetzt, die von der Diskussion, die so mithörte, angezogen wurde.

Das Thema ist für die Zukunft so wichtig. Und man hat feststellen müssen, dass jeder viel zu wenig weiß, insbesondere von „der anderen Seite“. Das ist schlecht. Die Diskussion läuft im Allgemeinen nur sehr oberflächlich und leider aus zu sehr festgefahrenen Lagern ist eine der wesentlichen Erkenntnisse des Abends. Die drei Jungen beschließen eine Plattform in den sozialen Medien zu gründen, in der der Abwägungsprozess auf breiter Basis durchgeknetet wird und vom Unternehmer bis zur Hausfrau, vom Motorsportler bis zum Wandersmann, vom Journalist bis zum Promi alle eingebunden werden. Karin macht auch begeistert mit und möchte über Persiflagen die Positionen auf ihre unkomplizierte Art verdeutlichen.

„7 Sinne für sinnvolle Mobilität“

Lass uns starten noch ein paar Freunde aus den unterschiedlichen Lagern zum Mitmachen zu gewinnen und dann die ersten Themen aufzubereiten. Und wir brauchen einen Namen: „7 Sinne für sinnvolle Mobilität“ war der erste spontane Vorschlag und „1001 Sinne für sinnvolle Mobilität“ ein weiterer, der die Komplexität, aber auch die Zauberhaftigkeit des Themas betonen soll. Wir machen ein Projekt! Und als weitere Idee soll jedes Mal noch eine wechselnde bekannte Persönlichkeit zu den speziellen spannenden Diskussionen eingeladen werden

Dies ist keine wahre Geschichte, sondern ein Gedankenspiel über ein Szenarium, das in unserem Lande einen Beitrag leisten könnte, ein wenig Konsens in der Gesellschaft über die Erneuerung der Mobilität herzustellen.

Die Zeit dazu ist so gut wie selten. Wir haben seit Jahren Wohlstand, die Politik besitzt damit genügend Geld, um die Veränderung voran zu treiben. Die Industrie hat bei der Reduzierung des Spritverbrauches viel geleistet und nun stehen bei allen beachtenswerten Marktteilnehmern gerade auch die E-Generation mit echt – Hut ab – attraktiven Modellen in der Startphase. Und wir haben an der Spitze des Bundesverkehrs-Ministeriums eine beachtenswerte Ausnahmenerscheinung. Normalerweise hat der Minister bei Amtsantritt wenig Ahnung bis gar keine von seinem Ressort. Für seine Nominierung ausschlaggebend war entweder eine Partei- oder Frauenquote, die verdiente Freundschaft zu einem oder anderen ganz Großen oder eine devote unerschütterliche Loyalität. Nein, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ist ein absoluter Autoliebhaber, ein Sammler und leidenschaftlicher Fahrer, der bei der einen oder anderen Oldtimer-Rallye selbst am Lenkrad. Er besitzt das Gefühl für die Straße und für das Fahren. Das muss genutzt werden, das ist eine einmalige Chance. Natürlich wird einem Verkehrsminister unterstellt, dass er Verkehr zu machen hat, noch mehr Verkehr abzuwickeln hat.

Keine Frage, aber man kann ihn auch für die andere Seite gewinnen, die Seite der sinnvollen Mobilität, einen ausgewogeneren Level. Das hört man deutlich aus seinen öffentlichen Auftritten heraus.

Vielleicht sollte man als einen Schritt das Planspiel „Der 7. Sinn für sinnvolle Mobilität“ starten und Andreas Scheuer mal fragen, ob er sich da auch stellen würde.

Redaktion Ru.net